Der Verlag
Ich beschloss am nächsten Tag mir den Verlag näher anzuschauen. „Vielleicht kann mir der Besuch dort wichtige Informationen liefern.“ überlegte ich mir vorab. Da ich der Assistentin von Herr Meinhoss und Frau Kreuzfeld nicht mitgeteilt habe, dass ich ein Freund von Eric bin, kann ich auch vorbei kommen ohne Verdacht zu erregen.
Nachdem ich gefrühstückt hatte, verließ ich das Hotel und fuhr zum Verlag. Dort frage ich eine Frau nach Herrn Meinhoss und Frau Kreuzfeld, da ich eine dringende Rückfrage wegen eines Berichts hätte. Die Frau am Anfang sagte ich solle schon einmal vor deren Büro warten. Sie seien noch in einem Geschäftsmeeting und ihre persönliche Assistentin würde mich derweil begrüßen. Auf dem Weg zum Büro von Herr Meinhoss und Frau Kreuzfeld konnte ich mir das Verlagsgebäude genauer angucken. Sehr modern, sehr jung und kreativ gestaltet. Gleichzeitig überkam mich ein Gefühl des Unbehagens. Es wirkte, auch wenn sie sich die Mühe gaben ein freundliches Image zu transportieren, sehr kühl und distanziert. „Hier kann Eric doch unmöglich gearbeitet haben“, dachte ich mir.
„Guten Tag – mein Name ist Marie. Wir hatten telefoniert. Ich freue mich Sie in unserem Verlag begrüßen zu dürfen.“ hörte ich hinter mir eine Frauenstimme sagen. „Gerne – einen schwarzen Kaffee bitte.“ erklärte ich der Frau. „Ohne Kaffee geht gar nichts“, dachte ich mir. Nach wenigen Minuten kam die Frau zurück und reichte mir den dampfenden Kaffee.
„Während Herr Meinhoss und Frau Kreuzfeld noch in einem Meeting sind, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Was führt Sie denn zu uns?“ begann Marie das Gespräch erneut. „Ich war vor kurzem mit Herr Jakobi verabredet. Er war an einer wichtigen Story dran und wollte mich dazu befragen. Ein großes Ding und ich war verwundert, dass er nicht gekommen ist. Das sah ihm eigentlich nicht üblich. Stimmt es denn, dass er getürmt ist?“ fragte ich die Assistentin. „Eric war ein sehr engagierter Journalist, der oft erst sehr spät gekommen ist und bis spät in die Nacht gearbeitet hat. Ich habe mich immer gut mit ihm verstanden und oft mit ihm zusammengearbeitet. Wir haben uns vor knapp fünf Jahren das erste Mal beim Christopher Street Day, eine Demonstration für die Rechte von Queer Personen, hier in der Stadt und er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte hier zu arbeiten. Es hat mich sehr überrascht, dass er verschwunden ist. Herr Meinhoff und Frau Kreuzfeld sind der Auffassung, dass er psychische Probleme hatte und deswegen verschwunden ist“ erklärte Marie mit verunsicherter Stimme. „Bitte entschuldigen Sie mich. Ich muss kurz eine Kleinigkeit erledigen.“ sagte sie und ging zurück zu ihrem Schreibtisch.
Plötzlich hörte ich wie eine Tür aufgestoßen wurde und ein Mann sich genervt äußerte. „Was interessiert es mich, wo Eric Jakobi ist! Diese liberale Tunte ist doch zu eh nichts gebrauchen. Immerhin hat es uns und dem Blatt eine ganze Menge Aufmerksamkeit gebracht.“ Ich erlaubte es mir kurz um die Ecke zu gucken, um zu sehen, wer der sprach. Herr Meinhoff und Frau Kreuzfeld liefen an mir vorbei ohne mich zu beachten.
„Was war denn das?“ fragte ich mich leise. Eric scheint nicht hoch im Kurs zu stehen bei seinen Vorgesetzten. Aber irgendwie hatte ich starke Zweifel, dass die beiden mit seiner Entführung etwas zu tun haben. Vielleicht sind auf seinem Schreibtisch irgendwelche Informationen zu finden.
Nach wenigen Minuten kam Marie wieder zurück. „Verzeihen Sie die Unannehmlichkeit. Meine Vorgesetzen haben leider soeben das Gelände verlassen.“ äußerte sich Marie entschuldigend. „Kein Problem“ sagte ich. „Kann ich vielleicht noch einmal den Schreibtisch von Eric sehen?“
„Ja, selbstverständlich“ bestätigte Marie und führte mich zu einem alleinstehenden Schreibtisch mit ein paar Zetteln. Nachdem ich den Schreibtisch gesehen hatte, bedankte ich mich bei ihr: „Vielen Dank Marie. Das wärs gewesen. Leider hilft mir das auch nicht weiter“ Nachdem ich mich von ihr verabschiedet hatte, verließ ich das Gelände.
Zwar hatte ich zu ihr gesagt, dass es mir nicht weiterhelfen würde aber der eine Zettel war durchaus interessant. Es war ein geheimes Rätsel. Ich vermute es gibt irgendwelche Informationen über seine Vorgesetzten oder woran er gerade gearbeitet hat.